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KultUrlaub China 2009

erstellt am 03.08.2009 um 00:22 von BadBoy_

eine Reise ins Reich der Mitte

China. Manch ein Netzaktiver denkt sofort an die strikte Internetzensur. Andere an gefälschte, kopierte und nachgemachte Sachen wie Handys oder sonstige Elektronikartikel. Die Sportbegeisterten werden sich an die Olympischen Spiele 2008 erinnern. Auch von den Zuständen in Hinblick auf Menschenrechte hat manch einer gehört.

Doch hat schon mal jemand daran gedacht dort Urlaub zu machen?
Letztes Jahr noch hätte ich daran nämlich selbst auch nicht gedacht.
Und doch habe ich meinen diesjährigen Sommerurlaub zusammen mit meinen Eltern und meinem Bruder im Reich der Mitte verbracht.

Vom 01.07.2009 bis 21.07.2009 war ich dort.

Eine alte Schulfreundin meiner Mutter lebt derzeit in China, genauer gesagt in Dalian. Das ist so ziemlich genau am Zipfel im Osten des Landes. Quasi mit Blick auf Nordkorea.
Ihr Mann arbeitet dort für die Kölner Firma Deutz. Seit 2 Jahren leben die beiden nun dort und Anfang des Jahres haben sie uns eingeladen, sie dort zu besuchen.
Nach einigem hin und her konnten wir uns dann doch dazu entscheiden die Reise zu machen.
Flüge nach China werden aber nicht gerade von den Billigfluglinien angeboten. Trotzdem haben wir vergleichsweise günstige Direktflüge von Frankfurt nach Peking gefunden. Einziger "Nachteil": Mein Bruder und ich konnten leider nicht am letzten Schultag teilnehmen, aber das wurde von unseren jeweiligen Schuldirektoren genehmigt.

Nach 10 Stunden Flug bis Peking, einer Stunde Flug von dort nach Dalian und einer kurzen Autofahrt waren wir dann auch angekommen. Das war so gegen 19:00 Ortszeit, also 13:00 MESZ. Man brauch also wirklich gute 24 Stunden von Haustür zu Haustür (wir sind um halb zwei dt. Ortszeit an dem Dienstag mit dem Zug los).
Und in Sachen Uhrzeit merkt man auch schon das erste Mal den Kommunismus in China: Da ist alles gleich, sogar die Uhrzeit, und das bei einem Land größer als die USA (und die haben schon 3 Stunden Unterschied von Ost nach West).

Richtig los ging es dann erst am nächsten Tag: wir mussten uns bei der Polizei melden. Mit Din-A4-Formular, 2 Durchschlägen und mindstens drei Stempeln pro Blatt.
Da wir Hilfe hatten, dass alles auszufüllen, hätten wir auch einfach garnicht da sein müssen, die hätte das alleine geschafft. Fragt man aber vorher nach, sagt die Polizei einem, dass es zwingend erforderlich ist, das man persönlich anwesend ist. So sind die Chinesen halt.

Danach ging es in ein "Kaufhaus". Wenn man nicht da war, kann man sich das nur schwer vorstellen. Ein riesiges Gebäude und innen drin ganz viele kleine Stände an denen es allen möglichen Ramsch gibt. Dort kann man Stunden verbringen, wenn man etwas bestimmtes sucht, denn Chinesen kennen kein "Nein". Fragt man die nach etwas wie z.B. einem Mixer kriegt man eine typisch chinesische Antwort wie "Ja, eigentlich müsste es das hier irgendwo geben. Gucken sie mal da und dort". Nur sind diese kleinen Stände so unsortiert, dass jeder Händler da solche Aussagen bringt. Dauert also wirklich eine ganze Zeit, bis man herausfindet, dass es Mixer dort einfach nicht gibt. Sagt einem nur keiner.

Tags darauf ging es nach Downtown zum Schneider. Dort habe ich mir dann mal eben für knapp 50€ einen Anzug schneidern lassen. Die Chinesen können einfach unheimlich gut kopieren. Bring ihnen ein Foto oder besser noch: das Zukopierende direkt und es wird was. Bei meinem Anzug hatte ich ein Foto. und mein Name wurde auch gleich reingestickt :)

Am Samstag ging\'s dann die Küste entlang. Dabei sieht man zig Brautpaare oder zumindest die Bräute. Immer dabei: Fotograf und Stylist.
Man muss wissen: Chinesen heiraten nicht einfach so. Wenn die heiraten, dann ist mehr als eine Woche lang was los. Für das Brautpaar geht\'s mit einem Fotoshooting los. Das dauert im besten Falle einen Tag, ansonsten auch schon mal länger. An bestimmte Orte kommen dann mit Kleinbussen meist 2-3 Bräute mit oder ohne Bräutigam angekarrt. Davon hat eigentlich keine ein eigenes Kleid, sondern es sind nur mehrere Geliehene dabei. Dementsprechend ziehen die sich dann mal eben da am Auto um. Unter den Kleidern tragen die Bräute dann halt mal Jeans, Leggings, Turnschuhe oder Flipflops. Verrückte Welt.

Erst am Sonntag dann gabs auch mal echtes chinesisches Essen (und von da an eigentlich bis zum Ende des Urlaubs).
Wer nach China fliegt, kriegt von allen Seiten Sachen zu gerufen wie: "Pass auf das du keinen Hund isst!", "Na? Schon Hunger auf lecker Ratte?", ...
Gut, sowas gibt es sicherlich auch in China. Aber man muss es ja nicht essen.
Dort wo wir essen waren, gab es so was jedenfalls nicht. Man konnte dann vielleicht Herz, Leber, Darm oder ähnliches bestellen, aber es gab genug anderes.
Und das ist ausgesprochen lecker. Chinesisches Essen in Deutschland ist mit echtem chinesischen Essen in China nicht zu vergleichen.
In China bestellt man nämlich immer für alle und dann kommt alles in die Mitte und man kann sich bedienen.
Deshalb gehen Chinesen auch nie alleine essen sondern immer in Gruppen. Und dann gibt es meist runde Tische mit einer drehbaren Glasplatte in der Mitte. Da kommt\'s essen drauf und so kommt auch jeder mal an jedes Gericht.
Nur hier sind die Chinesen für unsere "westlichen Ansprüche" sehr unappetitlich. Da landet alles einfach auf der Tischdecke, unter\'m Tisch oder sonst wo.
Hinteher kommt dann ein Kellner, räumt die Teller ab, schiebt den ganzen Abfall auf die Tischdecke, faltet die zusammen, wischt damit noch einmal über die Platte und packt die Tischdecke dann in die Wäsche.
Chinesen können aber auch nicht ruhig essen. Chinesen müssen immer laut reden. Die Lautstärke in Restaurants, wenn viele Chinesen da sind, ist deshalb unerträglich.
Und aus diesem Grund gibt es in allen guten Restaurants immer extra abgetrennte Räume. Dort können die Chinesen ungestört Krach machen oder die "Langnasen" ungestört in Ruhe essen.
Nur wenn man dann so durch die Stadt geht, gibt es rechts und links schonmal die ein oder andere chinesische Leckerheit: gegrillte Schweinsnase oder Entenhals, Schweinsfüße, ...

Die ersten 4 Tage in China haben wir in Dalian verbracht. Danach sind wir gut 2500km in den Süden geflogen (das Land ist da noch nicht zu Ende) zusammen mit Liz, der Freundin meiner Mutter, und ihrer chinesischen Freundin.
Gewohnt haben wir dort in einem kleinen Gasthaus in Yangshou Village, was wirklich super war. Die ganze Familie der chinesischen Besitzerin hat dort geholfen und alle waren sehr, sehr freundlich.
Dort unten gibt es dann einen Fluss. Dort haben wir dann am ersten Tag gleich eine kleine Bootsfahrt gemacht mit so kleinen Flößen für 4 Leute pro Boot.
Dank der Info unserer "Hotelleitung" waren wir schon gegen zehn Uhr da. Ab 11 Uhr kommen die großen Touri-Boote den Fluss runtergefahren.
In dem Gasthaus hatten wir außerdem noch eine Amerikanerin kennengelernt, die uns dann auch bei unseren Ausflügen begleitet hat.
Am zweiten Tag war dann Bamboo-Rafting angesagt. Das sind dann wirklich klitzekleine Flösse aus langen Bambusstangen, hintendrauf steht ein Chinese mit einem weiteren langen Bambusstab, der das Floß voran stakt.
Wir mussten aber erstmal ein ganzes Stück wandern, was dank der Wanderführerin kein Problem war. Nur plötzlich standen wir einfach am Ende des Weges mittem vor dem Fluss. Jeder "normale Touri" hätte sich jetzt gedacht: "WTF? Wo bin ich? Wie komm ich hier weg?" - gut, haben wir auch gedacht. Aber es kamen sofort diese Bamboo-Flöße an und holten uns ab. Auf diesem Fluss gibt es nun aber auch einige Höhenunterschiede, so dass man so kleine Stromschnellen hinunter muss. Das klappt wunderbar, aber dann kommt die Härte:
Mitten auf dem Fluss schwimmt da plötzlich so eine Bambusinsel. Da drauf: ~10 Jugendliche, 2 Digitalkameras, 1 PC, 2 Drucker und ein Laminiergerät. Dort konnte man sich dann mal eben ein Foto von seiner Stromschnellenabfahrt kaufen. Ganz wie im Funpark, nur mitten auf dem Fluss.
10 Meter weiter schwimmt noch so eine Insel. Diesmal saß dort aber eine ältere Dame vor einem Grill, neben ihr die Kühltruhe und hinter ihr zwei, drei kleine Tische mit Stühlen. Da konnte man dann mal eben anlegen und was essen oder auch einfach mit auf den Weg nehmen.
Am letzten Tag in Yangsou haben meine Mutter, die chinesische Freundin un ich noch den Moon Hill bestiegen. Dort geht es mitten durch den Wald die Treppen hinauf. Schon am Fuße des Berges wird man von älteren Frauen umschwirrt, die einem Wasser, Cola oder andere Getränke verkaufen wollen. Und die begleiten einen auch noch den ganzen Weg nach oben. Diese Frauen machen den Weg also gut 4 bis 5 Mal pro Tag, ich war nach einem Mal schon fertig.
Aber die Härte kommt noch:
Mitten im Wald fegt eine alte Dame die Treppenstufen. Rechts und Links neben den Treppen liegt natürlich Müll, den vor allem die Chinesen da einfach weg werfen, aber die Dame fegt nur die Treppenstufen...
Zum Abchluss des Trips in den süden waren wir noch bei den Reisfeldern. Aber das war jetzt nicht unbedingt so hochinteressant. Nette Gegend, nette Aussicht, aber bei 35°C den Berg hoch zu laufen, schlaucht ganz schön.

Zurück in Dalian gabs dementsprechend erstmal einen Ruhetag, damit wir am nächsten Tag schön fit zum Strand konnten. In guter deutscher Manier natürlich mit Partyfässchen Kölsch und Käsekuchen =D
Die weiteren Tage verbrachten wir dann noch mit einem erneuten Besuch bei der Schneiderin (ich musste meinen Anzug ja noch abholen) und weiteren Erkundungen der Stadt.
Am letzten Abend waren wir dann eingeladen zu einem Essen in chinesischer Runde. Mit 14 Leuten waren wir in einem wirklich guten chinesischen Restaurant essen (natürlich in einem separaten Zimmer, mit Couchecke und eigener Toilette).
Der Chinese, der uns eingeladen hatte (ein Freund von Liz & Peter), machte uns dann in ganz chinesischer Manier zum Anfang erstmal Geschenke. Dieser völlig fremde Mann beschenkte uns. Wo hat man so etwas in Deutschland?

Wenn man von Dalian erzählt sollte man eins nicht unerwähnt lassen, obwohl es eigentlich keiner glauben mag, der nicht selbst da war: Der Autoverkehr
In Dalian gibt es normale Straßen und erhöhte Straßen. Und dazwischen laufen die Fußgänger.
Wenn man auf dem "Bürgersteig" läuft, muss man Angst haben von hinten von einem Auto umgefahren zu werden. Die Autofahrer kennen da wirklich nix.
Ähnliches auch auf den eigentlichen Straßen. Ampeln gibt es. Rote Ampeln natürlich auch. Nur gelten die für Rechtsabbieger nie, für Linksabbieger ab und zu und bei Taxis je nach Zeitdruck. Zebrastreifen sind da auch nur ein bisschen Straßenmalerei.
Wenn man in Deutschland auf die Straße tritt, spätestens wenn man dann wirklich auf der Straße steht, bremsen ankommende Autos. Chinesen drücken nur die Hupe und das Gaspedal.
Mag auch daran liegen, dass Fahrschulen immer abseits der realen Straßen üben, die Prüfungsstrecke dann vielleicht 500m auf der realen Straße ist oder aber man sich den Führerschein einfach direkt ohne Prüfung kauft.

Zu guter letzt ging es dann noch 5 Tage nach Peking.
Gewohnt haben wir da im "Peking Youth Hostel" (guckt hier bei hostels.com), direkt an der verbotenen Stadt. Das war auch wirklich wieder ein Glücksgriff mit dem Hostel. Ziemlich urig, aber gemütlich, nett eingerichtet und preisgünstig auch noch.
In Peking war die chinesische Mauer natürlich Pflicht. Nur leider hat es an dem Freitag den ganzen Tag über geschüttet, die Ausmaße der Mauer konnten wir deshalb nicht sehen, aber das Auf und ab der Mauer haben wir nichts desto trotz erklommen.
Am Tag darauf waren wir dann im "Silk Market" (Seidenmarkt). Das ist kein Markt, wie man sich den sonst so vorstellt. Das ist eher ein riesen Kaufhaus, in dem es aber viele kleine Einzelstände gibt. Dort kriegt man alles. Von Taschen, Rucksäcken und Koffern über Klamotten und Schmuck bis zu allen Elektronikteilen und Videospielen. Doch da kauft man dann nicht einfach, sondern feilscht erstmal um den Preis. Wenn man im Handeln gut ist, kann man echte Schnäppchen machen. Nur von Elektronikteilen würd ich abraten, da fälschen die Chinesen dann doch zuviel dran rum.
Wenn man in Peking ist, sollte man auch unbedingt das Olympia-Zentrum besuchen. Das "Vogelnest" und der "Wasserwürfel" sind wirklich beeindruckend und dank der super-neuen U-Bahn ganz schnell zu erreichen.
Auf dem Rückweg kamen wir dann noch am Platz am Tor zum himmlischen Frieden (er heißt eben nicht "Platz des himmlischen Friedens" ;)) vorbei. Da es gerade dunkel wurde, war es Zeit für die "Flagge-einholen-Zeremonie", der jeden Abend hunderte Menschen beiwohnen (das gleiche gibt\'s auch morgens bei Sonnenaufgang, da wird dann die Flagge gehisst).
Aus der verbotenen Stadt maschierte eine ganze Garde chinesischer Soldaten über die komplett abgesperrte Straße bis zum Flaggenmast. Dort wurde die Flagge runtergeholt und die ganze Mannschaft dackelte im Gleichschritt wieder zurück. Danach kam dann plötzlich bewegung in die Menge. Die noch anwesenden Polizisten und Militärs räumten den Platz. Mithilfe von 3 Wagen und einer Kette wurden alle Menschen in eine Ecke runter vom Platz gedrängt und danach der Platz geschlossen. Das sind dann die negativen Seiten des Kommunismus, große Menschenmassen scheinen die da als besonders gefährlich anzusehen (gut, in Braunschweig darf man ja auch nicht picknicken, nur weil das "zufällig" so viele gleichzeitig vorhaben).

Zu guter letzt waren wir dann noch in der verbotenen Stadt, wo jeden Tag zig hundert Touristen, der großteil Chinesen, reinströmt. Wirklich nett anzusehen, diese ganzen Gebäude. Aber mindesten 35°C schlauchen auch hier und man ist froh, wenn man im Schatten ist. Wenn man dann auch noch rechts oder links herum anstatt durch die Mitte läuft, kriegt man die Menschenmassen auch nicht so direkt mit.

Alles in allem war es eine wirklich lohnenswerte und unvergessliche Reise.
Wenn irgendjemand irgendwann irgendwie die Chance kriegt, so eine Reise zu machen: Zögert nicht, macht es!

Und da ich auch noch die Ehre habe, einen kleinen Vortrag über unseren Urlaub zu halten und dafür auch eine Präsentation mit Bildern anfertigen werde, werde ich die auch dann noch hier veröffentlichten.


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